Der Kleinwagen ohne jeglichen Komfort. Vor 55 Jahren liefen in den Dingolfinger Hans-Glas-Werken die ersten Exemplare des Kleinwagens vom Band.
Die Goggomobile wurden zwischen 1955 und 1969 von der Firma Hans Glas in Dingolfing gebaut. Bevor die Hans Glas GmbH begann, Straßenfahrzeuge zu bauen, hatte sie sich bereits als Hersteller von landwirtschaftlichen Maschinen einen soliden Ruf geschaffen. Das erste Ergebnis der neuen Aktivitäten war der Motorroller Goggo, der 1951 auf den Markt kam und bis 1954 gebaut wurde. Eine rückläufige Nachfrage nach Landmaschinen in den 1940er Jahren war Anlass, sich neu zu orientieren.
Der Goggo-Roller erwies sich als robust und solide, so dass er auf dem Markt gut ankam. Der Roller wurde zum meistverkauften Fahrzeug in Deutschland (ca. 60.000 Stück). Im Juli 1951 ging der Roller mit einem 123-cm³-Zweitaktmotor von ILO in Serie und wurde nach einem Enkel von Hans Glas mit dessen Kosenamen „Gogg“ benannt.
Ab 1952 war der Roller mit einem 148 ccm- und einem 197 ccm-Motor und mit einem Seitenwagen zu bekommen. 1956 stellte Glas den Bau von Motorrollern ein, nachdem die wirtschaftliche Grundlage für den Autobau gefestigt war und der Zweiradboom zu Ende ging.
Im darauf folgenden Jahr wagte sich Glas mit dem Goggomobil, einem Miniwagen mit einem 2-Takt-Motor mit zwei Zylindern und 247 ccm Hubraum, auch an die Produktion von Vierradfahrzeugen.
Ab Februar 1955 kamen ernstzunehmende Kleinwagen mit zwei seitlichen Türen und Platz für eine vierköpfige Familie auf den Markt. Die Limousine war ein reines Raumwunder, robust und grundsolide gebaut. Den Motor hatte der von Adler kommende Felix Dozekal entwickelt. Einen Parallel- Zweizylinder Zweitakt Motor mit zunächst 250 ccm, der später um eine 300 ccm Version und eine 400 ccm Version erweitert wurde. Die Leistungsbandbreite reichte von 13,6 PS für die Einstiegsversion bis zu 20 PS für die 400 ccm Top-Version.
1957 entwickelte Glas eine Coupéversion des Goggomobils sowie einen Transporter. Es entstand ein Kleinwagen-Familienprogramm, das gut auf die sich abzeichnende Wohlstandsgesellschaft zugeschnitten war. Der Erfolg blieb nicht aus. Das Goggomobil wurde zum erfolgreichsten Kleinwagen Deutschlands. Dennoch blieb das Goggomobil nichts weiter als ein Kleinwagen, und als ein solcher war es mit dem steigenden Wohlstand nicht mehr so begehrt. Glas musste seine Pläne, die Modellpalette zu erweitern, schnell umsetzen.
1958 wurden die ersten größeren Glas-Autos die Limousinen Isar T600 und T700 mit Boxermotoren mit hängenden Ventilen und 584 ccm bzw. 688 ccm Hubraum auf den Markt gebracht.
Motor mit besonderer Bedeutung
Im Jahr 1961 machte Glas mit dem S 1004 einen weiteren Schritt nach vorne. Dieses neue Auto hatte einen 4-Zylinder-Motor mit anfänglich 992 ccm Hubraum, der dann schrittweise auf 1.189 ccm, auf 1.290 ccm und schließlich auf 1.682 ccm erweitert wurde. Dieser Vierzylinder-Motor ist von besonderer Bedeutung da er als einer der ersten Motoren mit Zahnriemen für die Steuerung der oben liegenden Nockenwelle gilt.
Das zeigte sich 1962, als Glas mit dem neuen Vierzylindermotor die Fachwelt verblüffte. 1.000 Kubikzentimeter und 42 PS gehörten in diesen Jahren zum modernsten Motorenkonzept. Als erster Automobilmotor mit einem Zahnriemen für den Antrieb der Nockenwelle war er seiner Zeit zu weit voraus. Unvergesslich sind die Glas-Automobile auch wegen des schönen Designs der von Frua (italienischen Automobildesigner) entworfenen Karosserien.
Aufgrund der Modellvielfalt geriet Glas allmählich in ernste finanzielle Schwierigkeiten und die Einführung des 2600 im Jahr 1966 trug sicher nicht zur Verbesserung der Situation bei. Dieses Modell war technisch besonders weit entwickelt. Die De-Dion-Hinterachse und der V8-Motor mit 2.580 ccm Hubraum, für den zwei Motorblöcke des 4-Zylinder-Motors des 1300 GT zu einem Monoblock gekoppelt wurden, eine obenliegende, durch Zahnriemen gesteuerte Nockenwelle pro Zylinderreihe bildeten die Grundlage. Für dieses als Sportcoupe mit 4 Sitzen konzipierte Fahrzeug entwarf Frua eine ausgewogene Karosserie.
Die Herstellungskosten der 2600 V8 waren jedoch sehr hoch und das Unternehmen war am Ende gezwungen, das Kaufangebot von BMW anzunehmen. Nachdem BMW die finanzielle Kontrolle über Glas gewonnen hatte, wurde die Angebotspalette drastisch reduziert, nur zwei Modelle, der 1700 GT und der 2600 V8, wurden weiterhin gebaut.
Glas wurde am 10. November 1969 von BMW für 9,1 Millionen DM übernommen. Die Glas Automobilwerke in Dingolfing wurden Bestandteil der Bayerischen Motorenwerke, und die Produktion 6 Monate später eingestellt. Es wurden insgesamt ca. 280.000 Stück gebaut, von denen es momentan weltweit noch ca. 2.500 fahrtüchtige Goggomobile gibt.