Der Apfel, der heutzutage verzehrt wird, ist von Obstzüchtern durch bewusste Auslese und Kreuzungszüchtungen geschaffen worden.
Die Wildform des heutigen Apfels (Malus) ist der Holzapfel (Malus sylvestris), der bereits in Form, Farbe, Geschmack, Größe und Reifezeit sehr variiert. Diese Grundeigenschaften haben die Menschen vor langer Zeit ausgenutzt und zuerst durch unbewusste, später durch bewusste Auslese und Kreuzungszüchtungen die Vielzahl von Apfelsorten geschaffen, die es heute gibt. Wo man noch wilde Apfelbäume findet, handelt es sich nicht immer um echte Holzäpfel, sondern meistens um verwilderte Kulturäpfel, deren Samen verschleppt worden sind. Wenn diese von alten Sorten stammen, ist es schwer, sie von echten Wildäpfeln zu unterscheiden. Nachtrag: Bis vor Kurzem wurde noch vermutet, dass der Holzapfel der Ahne des heutigen Kulturapfels sei.
Kultursorten gelangen um 1.000 v. u. Z. nach Griechenland
Es wird angenommen, dass viele Apfelsorten von westasiatischen Formen abstammen. Bereits um circa 1.000 v.u.Z. gelangten Kultursorten über Kleinasien nach Griechenland, wo sie weite Verbreitung fanden. Apfelanbau wurde auch im alten Rom betrieben. Cato der Ältere (234 bis 149 v.u.Z.) erwähnt in seinen Texten die Kunst des Pfropfens beim Apfelbaum. Zur Zeit von Plinius dem Älteren (23 bis 79 u.Z.) waren schon mehr als 20 verschiedene Apfelsorten bekannt, die später durch die Römer nach Mitteleuropa gelangten.
Apfelsorten in Schriften Karls des Großen aufgezählt
In Schriften Karls des Großen aus dem Jahre 812 werden frühe, späte, süße und säuerliche Apfelsorten aufgezählt. Meistens sind sie nach Orten in Süddeutschland benannt wie beispielsweise Gosmaringer, Sperauker oder Geroldinger. Im Mittelalter wurden dann edlere Apfelsorten vorwiegend durch Klostergärten verbreitet. Mönche waren in der Kunst des Pfropfens geübt und veredelten so auch die Wildstämme in den Bauerngärten der Umgebung.
Anfang 19. Jahrhundert bei Äpfeln erste künstliche Kreuzung
Thomas Andrew Knight führte Anfang des 19. Jahrhunderts die erste künstliche Kreuzung bei Äpfeln nach Plan durch und erzeugte somit zahlreiche neue Apfelsorten. Kreuzungszüchtungen in großem Ausmaß werden erst seit dem 20. Jahrhundert durchgeführt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Züchtung von Sorten, die gegen Schädlinge und Krankheiten widerstandsfähig sind. Die Apfelsorten werden von den Obstzüchtern meistens nach äußerlichen Merkmalen eingeteilt und nach Orten, Personen oder besonderen Kennzeichen beschrieben. Die Namen der Sorten brauchen nicht lateinisch gekennzeichnet werden, wie es sonst bei der wissenschaftlichen botanischen Namensgebung der Fall ist.
Erbanlagen der Äpfel vermischen sich kontinuierlich
Neue Sorten können aus Sämlingen entstehen, die aus zufälligen oder absichtlichen Kreuzungen stammen. Ein Apfelbaum ist überwiegend selbststeril (Selbststerilität = Selbstunfruchtbarkeit). Da Samen erst nach der Befruchtung mit Blütenstaub von anderen Bäumen entstehen, vermischen sich ihre Erbanlagen kontinuierlich. Aus den Samen eines einzigen Baumes können sich verschiedene Nachkommen entwickeln.
Vermehrung ohne Befruchtung
Will man die an einem bestimmten Baum gefundenen Eigenschaften möglichst vielen Bäumen bewahren, werden diese vegetativ (ohne Befruchtung) vermehrt. Das erfolgt durch Pfropfen von Reisern jenes Baumes auf andere Bäume, die als Unterlage bezeichnet werden. Unterlage und Pfropfreis müssen zusammenpassen. Das Pfropfreis wird von der Unterlage nicht immer angenommen. Von der Unterlage hängen sowohl die Geschwindigkeit des Wachstums als auch die Fruchtbarkeit des Baumes ab.
Geschichte der Sorte „Blenheim Orange“
Typisch für die Art und Weise, wie viele Apfelsorten entstanden sind, ist die Geschichte der Sorte „Blenheim Orannge“. Ein englischer Obstzüchter bemerkte, dass einer seiner Apfelbäume deutlich andersartige Äpfel trug als die übrigen Bäume. Im Jahre 1818 gab es nur diesen einen Baum, heute ist diese Sorte durch Vermehrung mit Propfreisern überall in Europa, Amerika und Australien verbreitet.
Richtige Mischung wichtig
Bei der Anlage eines Apfelgartens ist neben der richtigen Auswahl für den vorhandenen Boden auch eine richtige Mischung der Sorten wichtig, wenn sie gute Erträge liefern sollen. Da Apfelbäume überwiegend selbststeril sind, können sich die nur vegetativ vermehrten Bäume einer Sorte nicht gegenseitig befruchten. Für einen Fruchtansatz ist daher die Befruchtung durch Blütenstaub mindestens einer zweiten Sorte wichtig. Diese zweite Sorte muss sehr gut ausgewählt werden, denn es gibt zwischen den Sorten ganz verschiedene Sterilitätsgrade. Dazu kommt noch, dass einige Sorten keinen oder wenig befruchtungsfähigen Blütenstaub liefern. So eine schlechte Pollenspenderin ist beispielsweise die Sorte „Gravensteiner“. Die Blütenzeiten der Sorten müssen ebenfalls zusammenpassen. Für den Fruchtansatz wichtig sind vor allem die Bienen und andere Insekten, die den Blütenstaub übertragen.
Nur wenige Apfelsorten für gewerbsmäßigen Obstanbau geeignet
Von einigen Tausend bekannten Apfelsorten eigenen sich nur wenige für den gewerbsmäßigen Obstanbau. Diese Äpfel müssen appetitanregend aussehen, große Erträge liefern und gut haltbar sein. Eine größere Vielfalt an Sorten findet man unter Apfelbäumen, die von Gartenbesitzern und Bauern zum Eigenbedarf gepflanzt wurden. Manche alten Sorten, die nicht mehr wirtschaftlich sind, sind heute vom Aussterben bedroht.
Apfelmost oder Apfelwein ein beliebtes Getränk
Der ausgepresste und vergorene Saft von Äpfeln liefert den Apfelmost oder Apfelwein, ein Getränk, das früher in vielen Haushalten selber hergestellt wurde. Apfelmost enthält meistens 4 bis 5 % Alkohol. Nicht alle Sorten eignen sich zur Erzeugung von Apfelwein. Heute überwiegt die industrielle Herstellung von Apfelsaft.