Wer hat die Verhütung erfunden

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Geschichte der Verhütung. Ein gewonnener Kampf gegen eine urtümliche Kraft. Es ist noch keine 60 Jahre her, dass wirksame Mittel zur Verhinderung einer unerwünschten Schwangerschaft ein unerfülbarer Menschheitstraum waren.

Erst die Einführung der Pille und wirksamer Spiralen machte möglich, wovon schon der Vater der Psychoanalyse, Sigmund Freud, träumte: Die Trennung von Sexualität und Fruchtbarkeit. Das weltweit erste Museum für Verhütung und Schwangerschaft zeichnet die lange, frustrierende aber letztlich erfolgreiche Geschichte des Kampfes um die Kontrolle der Fruchtbarkeit nach.

Museum für Verhütung und Schwangerschaft in Wien

„Wirksam und natürlich verhüten ist ein Widerspruch in sich“, so drastisch drückt es der Gründer des Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch in Wien, der Gynäkologe DDr. Christian Fiala, aus: „Die Fruchtbarkeit ist eine ungeheuer starke Kraft. Um sie kontrollieren zu können, sind Methoden notwendig, die wirksam in diesen Zyklus eingreifen.“ Fiala greift damit ein heute häufig diskutiertes Spannungsfeld auf, die Notwendigkeit einer wirksamen Schwangerschaftsverhütung einerseits und die damit oft einhergehenden unerwünschten Nebenwirkungen, die alle Methoden aufweisen anderseits.

Fiala wünscht sich, und das ist auch einer der Gründe für den Aufbau des Verhütungsmuseums in Wien, ein stärker entwickeltes Bewusstsein für die Schwierigkeiten, die die Menschheit jahrhundertelang mit der unkontrollierbaren Fruchtbarkeit hatten. „Im Verlauf eines ,normalen‘ Frauenlebens galten 15 Schwangerschaften, zehn Geburten und etwa sechs überlebende Kinder noch bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts als normal“, erläutert Fiala bei der Führung durch das Museum. Erst die industrielle Fertigung des Kondoms und die Entdeckung der fruchtbaren Tage durch den Österreicher Knaus und den Japaner Ogino ermöglichten erstmals ansatzweise eine Kontrolle der Fruchtbarkeit.

Ein Schaf – ein Kondom

Aus dem Jahr 1200 unserer Zeitrechnung ist bekannt, dass der kretische Minos Kondome aus Ziegenblasen benutzte. Um das Jahr 1660 führte dann die Entdeckung des englischen Hofarztes Dr. Condom (sic!), Kondome aus Schafsdärmen herzustellen, zu dessen Ritterschlag durch den damaligen englischen König Charles II. Kondome wurden daraufhin lange Zeit aus dem Coecum von Schafen hergestellt. Das Schafcoecum eignet sich deshalb, weil es keinen Appendix hat. Da jedes Schaf nur über einen Blinddarm verfügt, war die massenhafte Produktion dieser Verhütungsmittel natürlich ein Problem. Sie waren – aufgrund der aufwendigen Produktion – teuer, nur betuchte Menschen konnten sich diese, mehrfach verwendbaren, Kondome leisten. „Gefühlsecht“, wie es heute auf jeder Kondomverpackung heißt, waren die Kondome aus Schafdärmen jedenfalls. Im Museum und Verhütung und Schwangerschaftsabbruch ist ein solches Präservativ ausgestellt.

Zum tatsächlichen Massenverhütungsmittel wurden Kondome allerdings erst mit der Erfindung und Verbesserung des Verfahrens zur Vulkanisierung von Gummi durch die amerikanischen Industriellen Goodyear und Hancock im 19. Jahrhundert.

Zählen, um zu verhüten

Vor der weltweiten Verbreitung des Kondoms galt die Methode zur Errechnung der fruchtbaren Tage als halbwegs wirksame Methode. Zu verdanken ist diese Methode dem österreichischen Chirurgen und Gynäkologen Prof. Dr. Hermann Knaus (1882 – 1970) und seinem japanischen Kollegen Ogina Kyusaku (1882 – 1975), die Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts den Zyklus der Frau erforschten und in den 20er Jahren des letzen Jahrhunderts erstmals feststellten, dass nur an bestimmten Tagen eine Konzeption möglich war. Die Methode hat einen Pearl-Index zwischen 15 und 38, „trotzdem war es bereits ein großer Erfolg, wenn eine Frau statt zehn nur fünf Kinder auf die Welt brachte“, rückt Fiala die heute nur mehr selten verwendete Verhütungsmethode ins richtige Licht.

Verhütungsmittel Bidet

Sehr lange und sehr weit verbreitet waren, vor der Einführung wirksamer Verhütungsmittel, auch Scheidenspülungen. „Eine sogenannte Mutterspritze hatten vom 19. bis ins 20. Jahrhundert sehr viele Frauen. Es gab derartige Spülapparate in einer unendlichen Vielfalt käuflich zu erwerben“, erläutert Fiala. „Auch das Bidet wurde übrigens einzig und allein zum Zwecke der Kontrazeption entwickelt.“ Das ist heute völlig in Vergessenheit geraten. „Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts verfügten Bidets im vorderen Bereich über eine Art „Springbrunnen“, erklärt Museumsleiter Fiala: „Die Frau setzte sich nach erfolgtem Geschlechtsverkehr auf das Bidet, der Wasserstrahl befand sich dann genau am Scheideneingang.“ Besonders wirksam waren die Methoden zur Scheidenspülung nicht, aber hier galt, wie für alle anderen antikonzeptionellen Anwendungen, schon wenn nur einige Schwangerschaften im Leben einer Frau verhütet wurden, galt dies als Erfolg.

Niesen und Coca Cola

„Wie sehr die Frauen über die Jahrhunderte versuchten, unerwünschten Kindersegen zu verhindern, zeigt die große Anzahl weitgehend wirkungsloser Methoden zur Verhütung“, erzählt Christian Fiala im Interview mit Gyn-Aktiv: So berichtete beispielsweise der römische Arzt Soranus von Ephesus (etwa 100 nach Christus) von folgender Anwendung: „Nach der Ejakulation des Mannes soll die Frau sich zurückziehen, in die Hocke gehen und niesen – zusätzlich sollte durch das Auswischen der Scheide versucht werden, den Samen aus dem weiblichen Körper zu lösen.“ Besonders erfolgreich war dies natürlich nicht. Angewendet wurde es trotzdem. Noch im 20. Jahrhundert weit verbreitet war der Irrglaube, dass eine Spülung der Scheide nach dem Geschlechtsverkehr mit Coca Cola eine Befruchtung verhindere. „In wissenschaftlichen Untersuchungen wurde jedoch bewiesen, dass das Getränk keinerlei Spermien tötende Wirkung aufweist und auch ein Ausweichen auf andere Softdrinks ist wirkungslos“, so Fiala weiter.

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