Vor 125 Jahren entwickelte Carl Benz das Automobil und erntete zunächst Spott und Hohn. Bis seine Frau von Mannheim nach Pforzheim kutschierte.
Das Auto hatte 0,9 PS und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 16 Stundenkilometern. Die Jungfernfahrt ging von Mannheim nach Pforzheim; es war Anfang August 1888, und die Reise dauerte zwölf Stunden und wenige Minuten. Am Steuer saß eine Frau, und da es sich um die erste Überlandfahrt des ersten Autos in der Geschichte der Menschheit handelte, gebührt Bertha Benz der Ruhm, nicht nur die erste Frau am Steuer, sondern der erste Fernfahrer überhaupt in der Geschichte des Automobils gewesen zu sein. Was sie, begleitet von ihren beiden 13 und 15 Jahre alten Buben, über holprige Straßen und zum Entsetzen der sich bekreuzigenden Menschen dahinbewegte, hatte ihr Mann Carl Benz zwei Jahre zuvor, jetzt also vor 125 Jahren, entwickelt und gebaut: Das erste Auto.
Mit den beiden Söhnen auf Spritztour
Das Patent für dieses Fahrzeug hatte Carl Benz nach jahrelanger mühsamer Tüftelei am 29. Januar 1886 angemeldet und damit vielen Skeptikern und Spöttern getrotzt. In der Presse gab es Hohn und Spott über die pferdelose Kutsche, Benz’sche Automobile blieben unverkäuflich. Der Erfinder war verzagt und deprimiert, aber dann brachte sich die couragierte Ehefrau Bertha ins Spiel. Heimlich – der Mann sollte es nicht wissen – brach sie auf zur Tour nach Pforzheim, die beiden Buben an der Seite. Und nicht ohne Pannen: Bertha Benz fuhr nach Gehör: Hatte sich die Antriebskette gelängt und übersprang jetzt gelegentlich deutlich hörbar einzelne Zähne der Zahnräder, dann war der Schmied am Wegesrand gefragt, um die Kette zu richten. Anderes beschrieb Bertha später locker: Als die Benzinleitung verstopft war, habe die Hutnadel geholfen, und als die Zündung entzwei ging, wurde sie mit dem Strumpfband repariert. Schließlich musste ein Schuster noch neues Leder auf die Bremsklötze nageln – danach ging die Fahrt reibungslos zu Ende.
Hunger, Not und fünf Kinder
Bis zu dieser Tour war es ein weiter Weg gewesen: Es hatte zehn Jahre gedauert, bis der erste Motor fertig war und fast 20 Jahre, bis der erste Motorwagen gebaut werden konnte. In dieser Zeit hatte Bertha fest an der Seite von Carl Benz gestanden, immer voller Zuversicht. „Es gab oft Hunger, es gab oft Not, und es gab fünf Kinder“, schreibt Angela Elis in ihrer Bertha-Benz-Biografie unter dem Titel „Mein Traum ist länger als die Nacht“, die im Frühjahr 2011 bei Hoffmann und Campe erschienen ist. Ein langer Weg zum Erfolg, der hier eindrucksvoll beschrieben wird: „Sie nimmt sich diesen knatternden, stinkenden, fauchenden Motorwagen, fährt los, und alle erschrecken, springen von der Strasse. Pferde gehen hoch, Hühner werden überfahren. Das war so, als würde heutzutage ein Ufo landen“.
30 Jahre später gab es das Frauenwahlrecht
Einen Führerschein hatte Bertha Benz nicht. Weil es noch keinen gab. Sie fuhr durch badischen Landstrich. Dort wurde erst zwölf Jahre später den Frauen der Zugang zum Studium gestattet. Und das Frauenwahlrecht gab es erst ab 1918 – 30 Jahre später.