Opas Kinderträume: Die Welt aus Blech. Die Geschichte des Blechspielzeuges. Es hoppelt der Frosch, es dreht sich der Seehund und es fährt das Auto.
Das Spielzeug aus Blech zeigt, wie die Industrialisierung das Leben der Kinder veränderte. Nach dem Einzug der Dampfmaschinen in die Arbeitswelt sind der technische Fortschritt und die mühselige Handarbeit weniger geworden. Dreschen, schmieden, schleifen, in Miniatur lässt sich der technische Fortschritt und die mühselige Handarbeit leicht darstellen.
Unweit von Nürnberg in Mittelfranken liegt Brunn, ein aufgeräumtes Pfarrdorf im Landkreis Regensburg. Hier ist die mechanische Spiel- und Metallwarenfabrik Josef Wagner zu Hause, die seit nunmehr 40 Jahren ganz traditionell, wie schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts, Blechspielzeug herstellt. Da hoppelt ein altmodischer Frosch über den Tisch. Elefanten machen Männchen und spielen Ball. Einmal aufgezogen, sägen zwei Forstarbeiter munter drauflos, und ein Seehund dreht sich, bis die Feder sich entspannt hat.
Das 19. Jahrhundert
Altes Blechspielzeug zeigt deutlich, dass die verwendeten Materialien immer denen entsprachen, die man auch für Gebrauchsgegenstände benutzte. Römer, Griechen und Ägypter benutzten Spielzeug aus Ton. Es kam jedoch auch darauf an, welches Material am häufigsten zur Verfügung stand. Als es in Deutschland noch reiche Holzbestände gab, war das Holzspielzeug aktuell. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts, der Industrialisierung, begann dann der Siegeszug des Blechspielzeugs. Weißblech wurde in größeren Mengen, z.B. für Konservenbüchsen, hergestellt und war daher sehr preiswert. Hergestellt, angemalt und lackiert wurde zu dieser Zeit alles mit der Hand.
Die Blechspielzeug-Betriebe
Um die Jahrhundertwende war die deutsche Spielzeugindustrie auf ihrem Höhepunkt. Die Gründungen von Spielzeugbetrieben nahmen nun beträchtlich zu. Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren hiervon die bekanntesten in Nürnberg, Bing 1863, Carette 1886, an anderen Orten, zum Beispiel: Lehmann 1881. Die großen Zentren für Blechspielzeug waren in Bayern und in Baden-Württemberg, mit Märklin inzwischen leider ein Opfer der Wirtschaftskrise. In Brandenburg war die Firma Ernst Paul Lehmann berühmt, sie wurde 1948 verstaatlicht, die Gründer der Firma Lehmann setzten sich nach Nürnberg ab und wagten erfolgreich einen Neuanfang. Im Nürnberger Spielzeugmuseum kann man die alten Autos von Ernst Paul Lehmann bewundern.
Der Familienbetrieb Wagner, Josef, gelernter Maschinenschlosser, Sohn Markus, Werkzeugmacher und dessen Frau Sonja produzieren Blechspielzeug wie anno dazumal. Hau den Lukas, Karussells und Schiffschaukeln, eine ganze Kirmes aus Blech zwischen hohen Regalen und schwarzen eisernen Maschinen-Ungetümen. Kisten voller Einzelteile überall, die zusammengesetzt eine Ente oder ein Auto werden.
Die Weltwirtschaftskrise, der Zweite Weltkrieg und zuletzt die Errungenschaft von Kunststoff hatten das Weißblech verdrängt und die meisten Unternehmen in die Insolvenz getrieben. Der noch junge Maschinenschlosser Josef Wagner dagegen glaubte immer an eine Zukunft des Blechspielzeuges. Die wunderbaren Maschinen und die alten Formen; er kaufte Ausrangiertes und mehr als 30 Werkzeuge „zum Schrottpreis“. Im Keller seines Wohnhauses hat Wagner 1969 angefangen.
Drucktechniken
In Druckereien fand er alte Lithographien mit den Bildern für die unterschiedlichen Figuren. „Nun sind wir die letzen Mohikaner“. In Asien wird für 70 Prozent billiger kopiert. Wir machen aber Qualität und verwenden Farben, die nicht giftig sind“, so Josef Wagner. Auf 0,35 Millimeter „dickes“ Weißblech wird in der Druckerei mit alten den Motiven bedruckt.
Neben der üblichen Handlackierung, die sich stellenweise bis etwa 1920 hielt, setzte sich ab ca. 1890 der farbige Lithographiedruck (Steindruck) durch. Die Bilder sind an den Rändern leicht überzeichnet, weil das Material sich verzieht, wenn es gebogen wird. Dann wird die Tafel an den Motiven entlang in Streifen geschnitten und ausgestanzt. Geformt wird mit so genannten Schnitten, eiserne Formen. Sie sind das Kapital des Betriebs. Manche sind schon über 70 Jahre alt und unverwüstlich.
Als nächstes wird gelocht und die Form solange beschnitten, bis alles sauber passt. Anschließend wird alles in Handarbeit sorgsam zusammengesetzt und in den Aufzugsmechanismus integriert. Fertig ist das bewegliche Spielzeug. Aufgezogen wie eine Uhr bringt eine Feder dem Spielzeug Laufen und Bewegungen bei, bis die Spannung der Feder aufgebraucht ist.
Einer der letzten seiner Branche
Josef Wagner ist einer der letzten der Branche in Deutschland. Heute kommt der größte Teil des Blechspielzeuges aus Asien. Ein Billigimport, der antik aussieht. Entscheidend für den Untergang dieser Industrie dürften mehrere Gründe haben. Zum einen waren die Produkte aufgrund der gestiegenen Lohnkosten einfach nicht mehr günstig zu produzieren, zum anderen wuchs das Aufkommen von Spritzgussverfahren, wie bei Matchbox und Siku, sowie die Verwendung von Plastik; eine nicht mehr zu bewältigenden Konkurrenz. Auch andere alltägliche Merkmale wie der Einzug von Teppichböden, auf dem das Spielzeug mit Uhrantrieb einfach nicht mehr laufen und fahren wollte und konnte. Das Aufkommen anderer Unterhaltungsmedien, wie der Computer oder der Fernseher, mögen ihren Beitrag zum Untergang einer ganzen Industriebranche geleistet haben.