Entwicklung einer perkussiven Tanzform von ihren Anfängen bis heute. Der Stepptanz hat einen fast 200-jährigen Entwicklungsprozess hinter sich, von Schuhen ohne Eisen über Frack und Zylinder bis zu den heutigen modernen Varianten.
Der Stepptanz entstand Anfang des 19. Jahrhunderts in den USA bei dem Zusammentreffen verschiedener Tanzkulturen. Der von irischen Einwanderern mitgebrachte Step Dance und der englische Clog Dance vermischten sich mit den von Trommelrhythmen begleiteten afrikanischen Tänzen der amerikanischen Sklaven.
Die Minstrel-Shows und das Vaudeville-Theater
Zum ersten Mal wurde der Stepptanz der Öffentlichkeit in einer neuen Form der Unterhaltung, den sogenannten Minstrel-Shows, um 1840 präsentiert. Dabei traten im Rahmen von Sketch-, Gesangs- und Tanzdarbietungen in der Regel Weiße mit schwarz bemalten Gesichtern und Perücken auf, welche die Sklaventänze parodierten.
Zu wirklicher Bekanntheit schaffte der Stepptanz es schließlich in den um 1880 an Popularität gewinnenden Vaudeville-Shows. Tanznummern gehörten in solchen Vorführungen zum fest eingegliederten Repertoire und förderten die Entwicklung des Stepptanzes enorm. Die Wurzeln der Karriere von Fred Astaire, Ginger Rogers, Bill “Bojangles“ Robinson und Eleanor Powell finden sich in ihren Auftritten in der Vaudeville-Ära. Die heute für den Stepptanz charakteristischen Eisenplatten, die vorne und hinten an der Schuhsohle angebracht werden, kamen jedoch erst in den 20er Jahren in Gebrauch.
Hollywood entdeckt den Stepptanz
Die Entwicklung des Tonfilms in den Goldenen Zwanzigern bezeichnete für die Vaudeville-Shows den Anfang vom Ende, für die Stepptänzer jedoch war sie eine Möglichkeit, noch stärker ins Lampenlicht zu rücken. Aufgrund deren großer Beliebtheit produzierten die Filmstudios Tanzmusicals am laufenden Band. Durch Filme wie “Broadway Melody“, “Easter Parade“, “Silk Stockings“ und “Singing in the Rain“ wurden Stepptänzer wie Donald O’Connor, Cyd Charisse, Ginger Rogers, Ann Miller und nicht zuletzt Gene Kelly und Fred Astaire zu Stepptanzlegenden. Besonders die beiden Letztgenannten ließen Ballettbewegungen mit in ihre Choreographien einfließen und veränderten dadurch das Erscheinungsbild des Stepptanzes.
Der Hoofers Club
Bill “Bojangles“ Robinson und die Nicholas Brothers waren zwei der wenigen Ausnahmen für die Präsenz schwarzer Tänzer auf der großen Leinwand, obwohl die schwarzen Tänzer als Pioniere des Stepptanzes galten. Diese fanden sich zwischen den 20er und den 40er Jahren im Hoofers Club im New Yorker Stadtteil Harlem ein, einem kleinen Hinterzimmer eines Spielclubs, der den Rhythmusbegeisterten die Möglichkeit bot, voneinander zu lernen, sich gegenseitig ihre Schritte vorzuführen und sich in tänzerischen Wettbewerben zu beweisen.
Viele berühmte schwarze Tänzer begannen hier ihre Karriere wie zum Beispiel John Bubbles, King Rastus Brown, Baby Lawrence und Honi Coles. Harlem war zu der Zeit hinsichtlich des Nachtlebens das angesagteste Viertel New Yorks mit unzähligen Nachtclubs, wie dem Cotton Club, dem Apollo Theatre und dem Savoy Ballroom. Aufgrund der Rassentrennung war es der schwarzen Bevölkerung allerdings untersagt, diese Clubs zu besuchen. Schwarze Tänzer wurden jedoch regelmäßig zu Auftrittszwecken engagiert.
Der Rückgang und die Wiederentdeckung des Stepptanzes
Mit der rasanten Entwicklung des Rock ’n‘ Roll ab 1950 wurde der Jazz, der Musikstil, der eng mit dem Stepptanz verbunden war, verdrängt, und die Öffentlichkeit verlor nach und nach das Interesse an dieser Tanzkunst. Erst in den 70er Jahren gelang es ihr wieder, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen. Neue Tänzer, allen voran Gregory Hines und Savion Glover, riefen in den 80er Jahren durch Filme wie “The Cotton Club“ oder “Tap“ das Interesse der breiten Öffentlichkeit abermals hervor.
Stepptanz in Deutschland
Auch Deutschland ließen die Hollywoodfilme nicht kalt, und so setzte Anfang der 30er Jahre auch hier das Tanzfieber ein. Während des Naziregimes wurde der Stepptanz als deutschstämmige Kunstform propagiert. Deutsche Stars wie Marika Rökk und später Caterina Valente eiferten ihren amerikanischen Vorbildern auf der Leinwand nach. Nachdem der Stepptanz Ende der 60er und in den 70er Jahren in Vergessenheit geriet, erlebte er in den 80er und 90er Jahren einen erneuten Auftrieb.
Der Stepptanz heute
Nach einem überwältigenden Popularitätsschub in den 90er Jahren, bedingt durch die großen Erfolge irischer Tanzgruppen wie Riverdance und Lord of the Dance, gefolgt von amerikanischen Stepptanz ausführenden Gruppen wie den Tap Dogs ist dieser rhythmische Tanz wieder dem Blickfeld der Öffentlichkeit entrückt. Der Stepptanz ist heute eher der Kategorie Kleinkunst zuzuordnen und präsentiert sich hauptsächlich bei Stepptanzfestivals wie bei dem 1990 gegründeten Chicago Human Rhythm Project oder dem Bay Area Tap Festival in San Francisco.
Auch wenn der Jazz immer noch am häufigsten zum Steppen herangezogen wird, reicht heutzutage die Palette der begleitenden Musikstile von Latin über Funk und afrikanischer Musik bis hin zur Klassik. Zu den bekanntesten Stepptänzern der USA und Deutschlands gehören heute unter anderem Sam Weber, Lane Alexander, Savion Glover beziehungsweise Andreas Dänel, Thomas Marek und Sebastian Weber.