Donald Duck wird 75

Der berühmteste Erpel der Welt trat 1934 zum ersten Mal auf. Nach der Micky Maus ist der jähzornige Enterich Donald Duck, geschlagen mit drei Neffen und einem tyrannischen Erbonkel, die berühmteste Figur aus Walt Disneys Werkstatt.

Keine schönen Aussichten für Donald Duck, jedenfalls in seinem Heimatland: Da sollte er zu seinem Dreivierteljahrhundert mit einer weiteren Festschrift geehrt werden, nämlich einem Comic, der auch nicht sehr galant, „75 unglückliche Jahre“ überschrieben war. Aber dann machte Gemstone, der Verlag, der die Rechte an den Disney-Werken erworben hatte, einen Rückzieher, und das Heft war Makulatur.

Donald Duck: Disneys ewiger Pechvogel

Irgendwie passt das zu Donald Duck, dem ewigen Pechvogel im Kosmos von Disneys Strichtieren. Immer zieht er den Kürzeren. Sein Schöpfer bestand darauf, dass Donald an einem Freitag, dem 13., geboren worden war. Damit stand sein Leben von Anfang an unter einem ungünstigen Stern. Ganz im Gegensatz zu seiner Karriere: Er hat aus Pech, nun, nicht Gold, aber wenigstens Ruhm gemacht. Und den hat er sich erworben als ewiger Underduck. Egal, welche Aufgabe ihm aufgebürdet wurde (meistens von seinem irgendwo im achten Lebensjahrzehnt erstarrten und seitdem unsterblichen Erbonkel Dagobert), egal, welchen Herausforderungen er sich stellen musste – sei es als Begleiter seiner kapriziösen Cousine Daisy, sei es als von drei Neffen hemmungslos überforderter Onkel: Man konnte darauf wetten, dass er versagte. Und wenn er einmal gewinnen sollte, so war es meist ein kurzer Triumph nach einem Pyrrhussieg, denn im nächsten Comic war sein Glück schon wieder verflossen, und er musste von vorn anfangen: neues Abenteuer, neue Demütigungen, neues Leid.

Leinwanddebüt mit der „klugen kleinen Henne“

Zunächst stand der Erpel im Schatten der besserwisserischen Micky Maus, dem Charmebolzen innerhalb der Disney-Menagerie. Nachdem Donald am 9. Juni 1934 sein Leinwanddebüt in „Die kluge kleine Henne“ gegeben hatte, durfte er in einigen Episoden von Micky mitwirken, ebenfalls nur in kleineren Auftritten. „Die kluge kleine Henne“ war ,1935 übrigens auch in Deutschland zu sehen, der bis zum Kriegsende einzige Duck-Streifen, da Walt Disney wegen der reichsdeutschen Devisenausfuhrbeschränkungen den Export weiterer Trickfilme untersagte. Bis 1942 standen Micky und Donald gemeinsam vor der Kamera; danach gingen sie getrennte Wege (wie sie auch in den gezeichneten Abenteuern jeder für sich blieben).

Seine erste Hauptrolle erhielt Donald 1937 in „Don Donald“. Ein Jahr später wurden ihm seine drei Neffen Tick, Trick und Track beigesellt, deren Herkunftsfrage bis heute nicht zufriedenstellend geklärt ist. Mutter Della Duck brach irgendwann zu einer Expedition auf und wurde fortan nie mehr gesichtet; die Identität des leiblichen Vaters, eigentlich eine Ungeheuerlichkeit im sittenstrengen God’s own country, ist bis heute nicht geklärt.

Ein „Oscar“ für den Erpel

Nachdem die USA in den Krieg eingetreten waren, musste auch Donald an die Front – wenn auch nur, wie so viele seiner Kollegen aus Fleisch und Blut, an die Leinwandfront. Dabei erlebte er den triumphalen Höhepunkt seiner Filmkarriere: Er spielte einen Fabrikarbeiter, der an den Machenschaften des Naziregimes verzweifelt. Für „The Führer’s Face“ erhielt sein Hauptdarsteller – beziehungsweise dessen Vater – 1943 einen „Oscar.

Donalds Vater – oder besser gesagt, betreuender Manager, der seinen Schützling zu jenem Charakter formte, als der er in die Comic-Geschichte eingegangen ist – war Carl Barks (1901 – 2000). Von ihm stammt übrigens auch der Name Entenhausen („Duckburg“), Mittel- und Angelpunkt aller Disney-Abenteuer. Einen Großteil seines Erfolgs in Deutschland hat Donald Duck übrigens seiner kongenialen Übersetzerin Erika Fuchs (1906 – 2005) zu verdanken, die von 1951 bis 1988 Chefredakteurin der „Micky Maus“ war.

Clarence Nash, die Stimme Donalds

Da Donald seine Hollywood-Karriere im jungen Tonfilm begann, brauchte er natürlich eine Stimme. Die lieh ihm Clarence Nash (1904 – 1985), ein begnadeter Tierstimmen-Imitator. Eines Tages sprach er auf den Rat eines Freundes bei den Disney-Studios vor, und nachdem der Meister das quakend vorgetragene Gedicht „Mary had a little Lamb“ gehört hatte, wusste er, dass er die Stimme für seine Ente gefunden hatte. Donald-Fans dürfte bekannt sein, dass ihr Idol mit der Rezitation dieses Gedichts seinen zweiten längeren Tonfilmauftritt hatte („Orphans‘ Benefit“, 1934). Clarence Nash, der von nun an nur noch „Ducky“ gerufen wurde, resümierte launisch: „Eigentlich wollte ich Arzt werden, aber nun wurde ich der größte Quack des Landes.“

Donald Ducks zweites Leben als „Phantomias“

Donald Duck entwickelte sich im Lauf der Zeit von einem faulen, unsympathischen Charakter zu einem Choleriker, den der geringste Ärger an die Decke gehen lässt. Doch er ist auch zäh, folgt seinem Ziel, so unwahrscheinlich es zu erreichen ist, unerbittlich – und er hat ein Gespür für Musik und Poesie. Nicht zuletzt ist er, bei allem Ärger, den ihm seine drei Neffen bereiten, ein treusorgender Familienonkel, der dem Trio stets aus der Patsche hilft, in die es immer wieder hineingerät. Was übrigens auf Gegenseitigkeit beruht: Auch wenn die drei sich oft den Schnabel über ihren unberechenbaren Onkel zerreißen – wenn’s drauf ankommt, lassen sie nichts auf ihn kommen. Und um die Pech-Ente auch mal triumphieren lassen zu können, dichteten ihm seine Zeichner in den 1960-er Jahren ein zweites Leben an: als „Phantomias“ kann er all die Heldentaten begehen, die Donald Duck nie und nimmer vollbringen könnte.

Die Donaldisten – eine Gesellschaft für sich

Mag es mit dem Erpel nach seinem 75. Geburtstag auch zu Ende gehen: Sterben wird er nicht. Dafür sorgen schon die Donaldisten, deren deutsche Sektion 1977 von Hans von Storch in Hamburg gegründet wurde. Der „Deutschen Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus“ (D.O.N.A.L.D.) gehören sehr seriöse Menschen an, die sich in regelmäßigen Abständen versammeln und die Referate ihrer Redner – zum Beispiel „Entenhausen – das neue Jerusalem“, „Donald Duck liest Brecht“ oder „Biodiversität in Entenhausen“ – nicht mit Applaus, sondern einem vielstimmigen „Klatsch, klatsch, klatsch“ belohnen.

Donald-Liebhaber, die es weniger esoterisch und intellektuell mögen, seien auf die Filmenzyklopädie hingewiesen, die die meisten Leinwandauftritte des Erpels auf insgesamt sechs CDs in drei Kassetten versammelt („Donald im Wandel der Zeit, 1934-1950, 3 Bde.). Und eine Ausstellung in Schloss Bad Mergentheim lässt sein Leben noch bis zum 13. September Revue passieren.

 

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