Weit verbreitet ist die Annahme, dass das Didgeridoo eines der ältesten Instrumente der Erde überhaupt ist. Jedoch lässt sich seine Entstehung nur sehr vage datieren. Während manche Forscher dessen Alter auf lediglich 1.000 Jahre schätzen, gehen andere von mindestens 3.000 Jahren aus, was durch Wandbemalungen gestützt wird. Auch Schätzungen auf 40.000 Jahre und noch mehr sind keine Seltenheit. Die Erzählungen der Aborigines führen das Didgeridoo bis in die Traumzeit und den Anbeginn der Zeit zurück.
Sagen und Legenden zur Entstehung des Didgeridoo
Da es ehemals rund 500 verschiedene Stämme der australischen Ureinwohner gab, sind auch verschiedene Legenden zur Entstehung ihres heiligen Instrumentes, dem Didgeridoo oder Yedaki, überliefert. Oft wird erzählt, dass die große Regenbogenschlange Wanambi vor langer Zeit den Aborigines des nördlichen Arnhem-Land das Instrument überreichte und sie in seinem Spiel unterrichtete.
Weit verbreitet sind auch die beiden Arnhem-Legenden. Erstere erzählt, wie ein Stamm einst friedlich mit der Natur im Einklang lebte. Doch eines Tages geschah es, dass zwei schöne Schwestern auf der Suche nach Früchten von einem bösen Riesen gefangen genommen und verschleppt wurden. Oft versuchten sie zu fliehen, aber erst nach langer Zeit gelang ihnen die Flucht und sie fanden den Weg zurück zu ihrem Stamm. Als der Riese dies bemerkte, war er außer sich vor Wut und wild entschlossen die beiden zurückzuholen. Die Stammesältesten jedoch ahnten dies und lockten den Riesen mit Hilfe der Schwestern in tiefe Grube. Dort drinnen gefangen wurde er von den Jägern mit Speeren beworfen, bis der Riese in seiner Todesqual in seinen eigenen Penis blies und damit einen tiefen, wundersamen Klang erzeugte. Die Männer des Stammes versuchten Gleiches bei sich, doch ohne Erfolg. Eines Tages aber fand einer der Jäger einen von Termiten ausgehöhlten Eukalyptus-Stamm und als er in diesen blies, vernahm er selbigen Ton, wie damals beim Riesen und das Didgeridoo war erfunden.
Die zweite der Arnhem-Legenden besagt, wie einst zwei Schwestern in einem See badeten und dabei von einer riesigen Wasserschlange verschlungen und kurz darauf wieder ausgespien wurden. Mit dem Spiel des Blashornes, eines Ur-Didgeridoos, hauchte ihnen die Schlange ihr Leben wieder ein. Einer anderen Legende zufolge, waren einst einige Aborigines unterwegs um Feuerholz zu sammeln. Der Wind pfiff um sie und entlockte dem Holz einen seltsamen Klang. Bei genauerem Hinsehen erkannte einer der Jäger, dass einer der Stämme von Termiten ausgehöhlt worden war. Um diese zu entfernen blies er in das Holz. Da er nicht aufgepasst hatte, wurden die Termiten dadurch ins Feuer geschleudert, verbrannten und schwebten als Funken in den Himmel empor, wo sie noch heute als Sterne leuchten.
Die Tradition des Didgeridoo-Spielens
Vermutlich wurde das Didgeridoo ursprünglich lediglich in Nordaustralien gespielt und hat sich erst in neuerer Zeit über den ganzen Kontinent und bei allen Stämmen oder Tribes verbreitet. Im Kindesalter wird es sowohl von Jungen wie Mädchen gespielt. Ab der Pubertät bleibt das Instrument jedoch meist nur männlichen Spielern vorbehalten. Allerdings variiert dies ebenfalls von Stamm zu Stamm bedeutend. Während in einigen Gebieten das Spielen des Didgeridoos allen Männern zugänglich war, galt es andernorts als Sakral und durfte nur von einigen wenigen „Geschichtenerzählern“ gespielt werden und war Frauen strengstens verboten. Doch es gibt durchaus auch Stämme, bei denen Frauen das Instrument spielen und damit Kontakt zur Traumzeit aufnehmen. Vor allem in neuerer Zeit haben sich die Traditionen diesbezüglich erheblich gelockert.
Anders als oftmals angenommen, wird das Didgeridoo traditionell nur sehr selten alleine gespielt. Es diente seit jeher zusammen mit Klanghölzern (Bilmas) zur rhythmischen Begleitung des Gesanges und Tanzens. Und auch die Bemalung des Instrumentes ist für die Zeremonie von fundamentaler Bedeutung. Aus diesem Grund wird das Didgeridoo speziell für das Ritual mit Erdfarben bemalt und anschließend abgewaschen, da viele Motive für die Ureinwohner heilig sind und entsprechend nur von Eingeweihten gesehen werden dürfen.
Das Didgeridoo als Geschichtenerzähler aus der Traumzeit
Diese Lieder und Rituale sind für die Aborigines von besonderer Bedeutung. Nicht nur weil sie durch die Klänge, Rhythmen und Melodien in eine Art Trance fallen können und so in Kontakt mit ihren Ahnen aus der Traumzeit aufnehmen können. Doch auch zu Heilzwecken wurde und wird noch heute das Didgeridoo verwendet. Der Klang soll den Schmerz einer Krankheit oder nach einem Verlust lindern und mit sich davontragen. Am häufigsten jedoch wird das Didgeridoo im Zusammenhang mit Klanghölzern und Gesang dazu benutzt um Geschichten zu überliefern. So blieben in der Kultur der Aborigines, welche keine Schrift kennt, Geschichten, Rituale, Wanderungen und Traditionen über Jahrtausende erhalten. Dem Eingeweihten eröffnet sich durch den Klang Erlebnisse, Wissen und Emotionen die Außenstehenden für immer verborgen bleiben. Deshalb und durch die Einzigartigkeit des von Termiten ausgehöhlten Instrumentes, verwundert es nicht, dass ein Aborigine oft tagelang durch den Busch marschiert um ein geeignetes Didge zu finden.