Corrida de Toros. Ursprung, Geschichte und Ablauf eines Stierkampfes sind den meisten Zuschauern oftmals nicht bekannt. Zumeist steht der Kampf „Mensch gegen Tier“ im Vordergrund.
Während in Deutschland Tier- und Umweltschutz-Themen Teil der täglichen Politik sind und seit geraumer Zeit gesellschaftlicher Konsens über deren Dringlichkeit und auch die Beachtung entsprechender Gesetze besteht, sieht es in den südlichen Ländern Europas anders aus. Das Umweltbewusstsein, das in Deutschland bereits in der Kindheit vermittelt wird und sich im Verhalten der meisten Menschen verwurzelt hat, ist dort nur wenig oder gar nicht ausgeprägt. Jede Art von Müll wird auf die Straße oder in die Landschaft geworfen, manchmal erlebt man es, dass ein Tier auf der Straße Autofahrer zum Gasgeben verleitet, sehr selten zum Bremsen oder zur Rücksichtnahme. In diesem Konsens sehen auch viele Spanien-Besucher den dortigen Stierkampf, nämlich als Tierquälerei und unehrenhaften Kampf gegen einen ohnehin unterlegenen Gegner.
Die Geschichte des Stierkampfes
Tatsächlich ist diese Gleichstellung jedoch nicht ganz richtig. Der Vorfahre des Toro Bravo (Kampfstier), einer alten Rasse, die nur in Spanien überlebt hat (ähnlich wie der Stierkampf selbst), der Urus, lebte in vielen Teilen der Erde. Verschiedene Zivilisationen betrieben Stierkult, so zum Beispiel auf der Insel Kreta. Auch in der Bibel wird über Stier-Opfer zu Ehren der „göttlichen Gerechtigkeit“ berichtet. In den religiösen Kult-Handlungen der iberischen Stämme, die in prähistorischer Zeit in Spanien lebten, spielten Stiere ebenfalls eine bedeutende Rolle. Die Iberer begründeten zwar den Stier-Kult, doch waren es wahrscheinlich griechische und römische Einflüsse, die ihn in ein Spektakel verwandelten. Im Mittelalter war der Stierkampf zu Pferde ein beliebter Sport der Aristokratie und wurde suerte de cañas genannt. Im 18. Jahrhundert kam diese Tradition mehr oder weniger aus der Mode, während gleichzeitig die ärmeren Bevölkerungsschichten begannen, den Stierkampf zu Fuß zu praktizieren. Erst mit der Zeit wurden Regeln dafür entwickelt. Für die Anhänger eben dieser Regeln ist die Corrida eher eine Kunstform, ein Ausdruck des Kampfes zwischen den Menschen und einer rohen animalischen Kraft – eine archaische Tradition, die nur hier überlebt hat.
Entgegen der Annahme, dass die Ursprünge der Plaza (Arena) auf die römischen Amphitheater zurückzuführen sind, ist der Ursprung der hiesigen Arena der ringförmige keltisch-iberische Tempel, in dem die eben erwähnte Zeremonie stattfand. Ein noch erhaltener Tempel dieser Art steht in der Nähe von Numancia, in der Provinz Soria.
Der Ablauf des Kampfes
Am Beginn eines Stierkampfes steht der Paseillo. Alle Mitwirkenden ziehen in die Arena ein und stellen sich dem Publikum vor. Zwei berittene Alguacilillos erbitten dann symbolisch vom Komitee den Schlüssel zur „Puerta de los Toriles“ (das Tor, hinter dem sich die Kampfstiere befinden).
Der eigentliche Stierkampf besteht aus drei durch Horn-Signale getrennten Teilen, die Tercios genannt werden. Normalerweise nehmen drei Toreros an einer Corrida teil, und jeder hat mit zwei Stieren zu kämpfen.Im ersten Tercio verwendet der Torero die Capote, ein großes, purpurrotes und gelbes Tuch. Dann kommen zwei berittene Picadores, die den Stier mit einer Lanze abwehren, in die Arena.
Im zweiten Teil stehen nun die Banderilleros im Mittelpunkt. Sie müssen zwei Banderillas, mit bunten Bändern geschmückte Spieße, in den Rücken des angreifenden Stieres stoßen.
In der abschließenden „Suerte suprema“ verwendet der Torero die Muleta, ein kleines rotes Tuch. Nun muss er seine faena (Meisterschaft) im Umgang mit dem Stier beweisen und ein künstlerisches Gleichgewicht zwischen menschlicher Geschicklichkeit und animalischer Kraft herstellen. Am Ende der Corrida tötet der Torero den Stier, indem er ihm sein Schwert in den Nacken stößt. So die Regeln, die oftmals nur wenig mit der Wirklichkeit zu tun haben.
Die Aussichtslosigkeit des Stierkampfes
Faktisch kämpft der Stier einen aussichtslosen Kampf gegen neun beteiligte Personen, von denen zwei beritten sind. Die Picadores, deren Pferde natürlich einen für die Hörner des Stieres undurchdringlichen Schutz tragen, erwarten den Stier, stoßen die meterlange Lanze in dessen Körper und ziehen diese mit einer drehenden Bewegung aus dem blutenden Körper heraus. Anschließend rammen drei Banderilleros jeweils zwei Spieße, die offensichtlich wie Widerhaken funktionieren, in den Rücken des Stieres, der zeitweise völlig erschöpft zu Boden geht. Mit viel Glück für den Stier trifft der Torero mit einem Schwertstoß tödlich. Während der hier dargestellten Kämpfe mussten die 19- und 21-jährigen Toreros mehrfach zustoßen, weil ihnen der tödliche Treffer nicht gelang. Der dann sterbende oder auch tote Stier wird mit einem Vierspanner und mit einer Ehrenrunde aus dem Stadion geschleift.