Das Osterfest. Achtung, Hasen machen mobil. Wer bislang nichts über das Osterfest, die Osterhasen und die Ostereier wusste, wird jetzt klüger gemacht.
Trägt jemand die Sehnsucht nach einer freudigen Überraschung im Herzen? Dem kann abgeholfen werden: Ostern steht vor der Tür.
Am Aschermittwoch ist bekanntlich alles vorbei (Fasching), die dunkle Zeit hat abgedankt, die Narren sind aus den Fernsehsendern und von den Straßen verschwunden, der Kreislauf beginnt mit der aufkommenden Frühlingszeit von neuem. Die nächsten 40 Tage nach Aschermittwoch gelten als vorösterliche Fastenzeit und werden erst durch den Gründonnerstag beendet. Der darauf folgende Sonntag, nach einem Beschluss des Konzils von Nicäa (325 n.Chr.), jeweils der erste Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond, gilt als Datum für das Osterfest.
Wie kommt der Osterhase zu Ostern an die Ostereier?
Wer weiß das schon? Bei der Unzahl von kaum noch überschaubaren Überlieferungen und Gewohnheiten das Wesentliche heraus filtern ist ein Glücksspiel. Die vielfältig vorhandenen lokalen Bräuche sind wenig hilfreich, wenn nach dem Ursprung, nach den Anfängen geforscht wird. Wie auch immer, ein Familienereignis ist es allemal. Falls der Familienvorstand sich dem anstehenden Fest verweigert, sich aber dann doch ergibt oder am Gründonnerstag erst Kenntnis davon nimmt, wird die Zeit knapp. Die Geschäfte haben in den nächsten Tagen geschlossen, alles drängt sich in den Samstag, der Einkaufsbummel eher lästig als sinnlich. Insofern, rechtzeitig und willig dem konsumorientierten vorösterlichen Geläut hingegeben bedeutet auch, es ruhig angehen zu können, entkommen kann man sowieso nicht. .
Ostern, keine Erfindung der Christen
Nach dem sonntäglichen Osterfeiertag richten sich alle übrigen beweglichen Feiertage aus, Pfingsten, mit einem Montag auch arbeitsfrei, kommt gleich 50 Tage nach Ostern und so geht es weiter. Während das Kirchenjahr schon Monate alt ist, lehnt sich das heidnische Brauchtum an den Zyklus von Aussaat und Ernte. Die einer alten bäuerlichen Gepflogenheit entstammenden Osterfeuer werden zur Tag- und Nachtgleiche, am 21. März entzündet. Am Feuer zu sitzen, Gegrilltes zu sich nehmen, ein Bier dazu, Freunde und Bekannte treffen und hin und wieder ein Stück Holz nachlegen, vielleicht auch eine aufgespießte Kartoffel ins Feuer halten, ist Wohlsein pur. Der Grundgedanke, das Erwachen der Natur, der Abgang des Winters, mag vergessen sein, Spaß macht es allemal. Die magere Zeit ist vorbei. Das hier auch der Osterschnaps seinen Ursprung haben könnte, ist nachvollziehbar, Prost.
Zu Ostern treffen verschiedene kulturell-historische Hintergründe aufeinander. Die christliche Kirche übernahm, was sie nicht verbieten konnte und war mit dieser Umarmungsstrategie erfolgreich.
Das bewegliche Osterfest wurde als arbeitsfreie Frühlingsparty über hergebrachte Sitten und Gewohnheiten gestülpt und dabei unmerklich andere Schlüsselwörter gesetzt. Diese Art der Vereinnahmung heidnischer Bräuche hatte sich schon bei den Geburtstagsfeierlichkeiten des Christkindes bewährt. Der mit Kerzen geschmückte Weihnachtsbaum bekam auf diese Weise ebenfalls seinen Platz im Kirchenjahr. Hier wurde das heidnische Lichterfest zur winterlichen Sonnenwende willkürlich durch das erdichtete Geburtsdatum von Joschua (latinisiert Jesu) sinngebend verändert.
Sorgloser Umgang mit Feiertagen sorgt für leere Kühlschränke
Also, Ostern ad portas, jetzt gilt es aufzurüsten, die Familie macht mobil, nur nicht nervös werden. Allzu verblüfft über das Hereinbrechen dieser Feiertagsorgie dürften die Familienmitglieder wirklich nicht sein, denn “the same procedure as every year“ vermittelt nichts, was nicht schon dagewesen wäre. Schon Monate vorher werden die Fließbänder bei den Schokoherstellern angeworfen, die stehen gebliebenen Weihnachtsmänner eingeschmolzen und frische Saisonarbeiter eingestellt. Sämtliche Instrumente der Kommunikationstechnik werden bemüht die Konsumenten für das Fest zu interessieren: Das Wettrennen um den informativsten Hintergrundbericht, die hintersinnigste Glosse und das seriöseste Essay, arbeitet sich dem Höhepunkt entgegen. Aber wo nichts ist, kann nichts werden, bleibt alle Mühe vergebens. Schließlich sucht der verantwortliche Redakteur nach der Datei vom letzten Jahr, ist diese verkramt, wird schnell von der Konkurrenz abgeschrieben „the same…“.
Um doch noch ein informatives Highlight anzuführen, muss tiefer gegraben werden.
Geschichtliches um den Hasen
Der „Osterhase“ wurde in die deutsche Literatur, und damit in das deutsche Geistesleben im späten 17. Jahrhundert eingeführt. Der Biologie war bis dato diese Unterart der Langohren unbekannt. Die Jahreszahl ist unter „Osternologen“ umstritten, was aber das vielzitierte Jahr 1682 betrifft, die Herausgabe des „De Ovis Paschalibus“, im Untertitel eine „medizinische Satire“, durch einen Universitätsprofessor Georg Franck an der Universität Heidelberg, stellte einen Höhepunkt in der Haseneiforschung dar. In diesem Buch ließ der Professor sich über „Oster-Eyer“ mitsamt Hasen aus und, da es sich bei dem Schriftsteller um einen anerkannten Mediziner mit hervorragender Reputation handelte, gelang es ihm auch, sich als Frontmann in Sachen „Osterhase“ geschichtsbildend einzubringen. Warum hätte ihn der Kaiser 10 Jahre später sonst adeln sollen?
Die Osterhäsin
Natürlich gab es hier schon mindestens gedankliche Vorläufer. Zu einer Zeit, wo Kindersegen als Ausdruck männlicher Potenz verstanden wurde, steht der Hase für nie versagende Zeugungskraft. Als aggressiver Macho genießt er Bewunderung, denn um die Gunst der empfängnisbereiten Häsin zu erlangen, schlägt er auch mal, eigentlich immer, mit den Vorderpfoten auf seine Konkurrenten ein. Derart dominant, wird schnell klar, warum nie von einer „Osterhäsin“ gesprochen wird. Die Häsin hatte wegen der „bisschen Hausarbeit“ einfach nicht die Zeit ihr Prestige auf zu polieren. Viermal im Jahr wirft sie bis zu 5 Junge, das kann schlauchen.
Vielleicht ist es der Ruhm, möglicherweise auch der Geschmack des Fleisches, der dem langohrigen wie langbeinigen Fruchtbarkeitssymbol alljährlich zur Jagdsaison zum Verhängnis wird. Weit über 500.000 erschossene Hasen lassen jährlich ihr Leben. Potenzneid war schon immer Antrieb für Aktivitäten der besonderen Art.
Nachzutragen bleibt noch, dass ein Hasenbock auch Rammler genannt wird und „rammeln“ im altdeutschen verwurzelt ist. Nebenbei klingt es auch melodiöser als „koitieren“, was immer das auch sein mag.
Der germanischen Fruchtbarkeitsgöttin Ostara wurde ein Hase als heiliges Tier beigesellt, warum wohl? Heilig und gar Göttin wurde Ostara erst durch die Zuordnung zum Hasen und zum Osterfest. Als Teil der germanischen Götterwelt konnte Ostara wissenschaftlich nie nachgewiesen werden. Dessen ungeachtet erhält sie bei einschlägigen Germanen- und Keltenfans unverdrossen göttlichen Status. So liegt also das göttliche Heil auch nicht beim Hasen, sondern eher beim Ei. Allerdings ist mit dem „eierlegenden“ Osterhasen auch der Zenit geistiger Verwirrung erreicht. Zwar ist der Hase als Liebling der Götter (z.B. grch. Göttin Aphrodite) durchaus nachweisbar, dass er aber die Eier legt, die er dann auch noch ausliefert, ist, von lokalen Erzählungen abgesehen, moderner Humbug. Kein Postbote schreibt schließlich die Briefe, die er selbst ausliefert. Der Storch brütet ja auch keine kleinen Deutschen aus, allenfalls lässt er sie umsonst mal mitfliegen.
Diesen Herabstufungen zum Trotz reagiert der Rammler auf die ihm eigene Art. Schon ab Januar ordnet er alle seine Aktivitäten dem Wunsch unter, nie in die Artenschutzliste („Rote Liste“ beinhaltet vom Aussterben bedrohte Tierarten) eingeschrieben zu werden. Die Häsin belohnt solcherlei Umtriebe indem sie, für Wildtiere unüblich, schon im März die ersten Jungen in die Ackerfurche wirft.
Das Osterei
Wenn animistische Empfindungswelten auf eine systematische Beobachtung der Umwelt treffen, entstehen gewaltige Mythen von eminenter Symbolkraft. Schon immer und verbreitet in vielen Kulturen spielte das Ei als Sinnbild des werdenden Lebens in diesem Vorstellungshorizont eine herausragende Rolle. Ebenso wie die Sonne als nie versiegender Ursprungsquell des Lebens hat sich auch der Hase durch seine frühe nachwinterliche Vermehrung als Hoffnungsträger und Frühlingsausrufer in der Wahrnehmung der Landbewohner einen festen Platz gesichert. Was liegt näher, dass Ei zu Hase und Hase zu Ostern findet. Wenn dann auch noch die Sonne fühlbar an Kraft zunimmt, der Tag merkbar länger wird, ist der Tod überwunden, Leben regt sich. So mögen die Altvorderen die Osterzeit empfunden haben.
In der vorangegangenen langen Fastenzeit, zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag, wurde das Ei als Lebensmittel ignoriert, was die Hühner aber nicht davon abhielt weiter zu produzieren. Die Eier sammelten sich und waren zum Fastenbrechen derart angehäuft, dass schnellstens Abhilfe geschaffen werden musste. Eier bemalen, Eier suchen und schließlich Eier essen war von daher nicht die schlechteste Idee.
Noch im Mittelalter bis hinein in die Neuzeit war es nicht unüblich Abgaben an die Herrschaft oder Schuldentilgung in Naturalien zu begleichen. Eier und Hasen waren nachweisbar gängige Zahlungsmittel. Die Termine hierfür fielen oft auf markante Tage im Frühling.
Über die Herkunft des Brauchs die Eier zu bemalen, gibt es unzählige Spekulationen. Vielleicht ist diese richtig, dass aus normalen Hühnereiern, sichtbar durch ihre Bemalung diese zu geweihten Ostereiern erhöht werden. Sicherlich wurden in vorchristlicher Zeit Eier mit magischen Zeichen versehen. Ebenso wie die Hautbemalung (Tattoo) bei Menschen, könnten derart herausgeputzte Eier kultischen Zwecken gedient haben. Die Kirche hat überkommende heidnische Bräuche, wie oben schon erwähnt, locker in neue christliche Traditionen eingebunden. Das Ei verkörpert das Leben schlechthin, zu Ostern wird durch die Wiederauferstehung dieses Leben in besonderer Weise geheiligt, in die Unsterblichkeit überführt. Ostern ist ein Freudenfest.